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Gegenantrag zum Tagesordnungspunkt 3 der Siemens-Hauptversammlung 2025

25.1.2025
Siemens Hauptversammlung 2025
Antrag zum Tagesordnungspunkt 3 „Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands“

Der Verein von Belegschaftsaktionären in der Siemens AG, e.V. stellt folgenden Antrag: Allen Vorstandsmitgliedern wird die Entlastung trotz erfreulicher Aktienkursentwicklung verweigert.

Begründung:

Der Verein von Belegschaftsaktionären in der Siemens AG, der sich für Nachhaltigkeit und langfristige Belange der Mitarbeiter engagiert, sieht im beschlossenen Kauf von Altair für rund 10 Milliarden US-Dollar die Unternehmensinteressen nicht gewahrt sowie betriebswirtschaftliche Grundsätze verletzt. Zudem ist der Verein der Belegschaftsaktionäre der Meinung, dass damit industriepolitisch ein falsches Zeichen gesetzt wird und die erfreuliche Kursentwicklung unabhängig von der betriebswirtschaftlichen Realität zu beurteilen ist.

Künstliche Intelligenz beeinflusst zunehmend die Produktionsbedingungen, deshalb ist es für Digital Industries eine Notwendigkeit, das Unternehmen darauf auszurichten und auch als führend auf diesem Gebiet wahrgenommen zu werden. Der Kauf von Altair ist grundsätzlich geeignet, die Wahrnehmung im Sinne einer Marketingstrategie zu beeinflussen, einen Entwicklungsschub, der den Kaufpreis rechtfertigen könnte, sehen wir nicht. Im Gegenteil, durch die unangemessene Kapitalallokation sehen wir die notwendige Transformation zu einem KI-Unternehmen eher behindert als gefördert. Für den Kaufpreis von Altair wurde der Aktienkurs vom 21. 10. 2024 genommen und dieser mit einem Goodwill-Aufschlag von 19% versehen, so dass sich in Summe laut Pressemitteilung der Siemens AG vom 30. 10. 2024 ein Kaufpreis von rund 10 Milliarden US-Dollar ergibt. An der Kaufpreisermittlung ist zu beanstanden, dass nur ein geringer Teil der Aktien im Free-Flow gehandelt wurde, mindestens 85% der Aktien werden von institutionellen Anlegern bzw. den Firmengründern gehalten. Zudem sehen wir Interessenskonflikte, weil einige der AltairEigentümer gleichzeitig einflussreiche Aktionäre der Siemens AG sind.

Die Bilanz von Altair Engineering Inc. wies 2023 einen materiellen Buchwert von knapp 170 Millionen USD auf bei einem Betriebskapital von 376,5 Mio. USD.  Im Jahr 2024 wurde erstmals ein kleiner Gewinn von 0,39 ct pro Aktie erwirtschaftet, die Jahre zuvor wurden Verluste zwischen 11 und 55 ct je Aktie realisiert. Firmengründer und leitende Mitarbeiter halten nicht nur einen Teil der Aktien, sie sind auch jene, die zumindest zum überwiegenden Teil die Patente von Altair eingereicht haben. Selbst wenn es Siemens als neuem Eigentümer gelingen sollte, einen Großteil der 1400 Entwickler zu halten, so werden neben James Scapa weitere Leistungsträger von den Entfaltungsmöglichkeiten in einem Großkonzern nicht begeistert sein, wodurch sich der potenzielle Firmenwert reduziert. Selbst wenn sich die optimistischen Erwartungen zur Gewinn- und Umsatzentwicklung bestätigen, bleiben diese Kenngrößen weit hinter den von anderen Unternehmensteilen erwarteten Margen-Bändern. Künstliche Intelligenz ist wichtig aber kein Zauberwerk, das die Regeln verantwortungsvollen Wirtschaftens außer Kraft setzen darf. Das gilt umso mehr, wenn der Vorstand der Stammbelegschaft scharfe Sparmaßnahmen abverlangt. Zudem sind wir der Meinung, dass nicht nur der völlig überzogene Kaufpreis zu kritisieren ist, es ist auch ein falsches industriepolitisches Signal, das den Kapitalabfluss beschleunigt.

München, den 24.1.2025

Verein von Belegschaftsaktionären in der Siemens AG, e.V.

Dr. Werner Fembacher

Vorsitzender